Feminismus, welcher ist der bessere?

Foto: Symbole von Feminismus und  dem weiblichen Geschlecht



Es gibt verschiedene Plattformen auf denen FeministInnen auftreten und ihre Ansichten verbreiten. Dabei stoßen Zuschauer auf Ansichten, die sie vielleicht nicht teilen. Was schnell zu einem Problem wird, wenn diese sich selbst auch als Feminist oder Feministin betiteln. Es entsteht eine Diskussion um „Was ist Feminismus und welcher ist der bessere?“ – „Darf Feminismus vielfältig und bunt sein?“ Fragen, auf die es keine Antworten zu geben scheint. Jeder hat seine eigene Meinung und vertritt diese laut. Es entsteht der Eindruck, dass der heutige Feminismus geprägt ist von Uneinigkeit und Intoleranz.

„Feminismus ist…

für mich, wenn man es ganz vereinfacht sagen will, die Freiheit, das zu tun oder auch nicht zu tun, das zu sagen oder auch nicht zu sagen, das zu sein oder auch nicht zu sein, was man will, völlig unabhängig von Geschlecht, Aussehen, Hautfarbe, Herkunft, Sprache und so weiter. Feminismus ist für mich ein total universelles Freiheitsgefühl, das je nach Situation auch unterschiedlich aussehen kann und das ist dann für mich der Intersektionale Feminismus.“ So die Journalistin und Feministin Anna Aridzanjan auf die Frage, was für sie der Feminismus im 21. Jahrhundert ist. 

„Grundsätzlich bedeutet Feminismus für mich die Befreiung der Frau, durch Frauen hauptsächlich, und für mich steht auch nicht dieser Individualismus im Vordergrund, von wegen, was mir Spaß macht, ist gleich feministisch. Sondern ich finde, Feminismus sollte immer auch einen gesamtgesellschaftlichen Blick haben und versuchen, gesamtgesellschaftlich zu verändern.“ So die Femen-Aktivistin Klara Martens auf die Frage, was für sie Feminismus im 21. Jahrhundert ist. 

Beides sind Frauen, die sich als Feministinnen bezeichnen und auch darüber sprechen. Doch beide sind sehr verschieden und auch ihre Meinungen gehen teilweise auseinander. Für Laien auf diesem Gebiet kann so etwas verwirrend sein und abschreckend wirken. Wenn es um Feminismus geht, ist das Gefühl, etwas Falsches sagen zu können, groß. Denn Bashing und Intoleranz existieren und sind in der Szene ein Problem.  

Sexarbeit – Ein Zerwürfnis

Diese Intoleranz anderen Ansichten gegenüber, kommt auch bei Themen wie der Sexarbeit oft zum Vorschein. Es ist das älteste Gewerbe der Welt und auch das umstrittenste. Die einen sind dafür, die anderen dagegen. Doch was denken Feministinnen darüber?

„Ich würde sie halt nicht Sexarbeit nennen, weil Arbeit für mich auch eine bestimmte Begriffsdefinition ist. Es heißt immer, wenn es ein Beruf ist, brauchst du eine Ausbildung, das gibt es da nicht, es ist eher ein Job, würde ich sagen. Das System Prostitution ist dafür zu sexistisch, zu klassistisch, zu rassistisch, als dass wir das in unserer Gesellschaft als förderlich betrachten könnten. Wenn viele Männer zu Prostituierten gehen, dann haben viele Männer dieses Frauenbild und das Tragen sie dann auch nach außen. Ich glaube, es ist Ursache und Auswirkung von Sexismus in der Gesellschaft.“ Martens von Femen

„Sexarbeit ist Arbeit. Sexarbeit ist ein ganzer Berufszweig, eine ganze Branche. Sexarbeiterinnen verdienen Anerkennung und Respekt und auch jegliche Gleichberechtigung was ihren Job betrifft. Wenn ich sage, Sexarbeit ist Arbeit, dann heiße ich nicht gut, dass Menschenhandel betrieben wird oder Minderjährige vergewaltigt werden, das ist für mich nicht Sexarbeit. Aber unter dem Deckmantel Sexarbeit wird auch das getan, leider, und das muss man bekämpfen, aber nicht, indem man die Sexarbeit selbst verdammt, sondern, indem es zum Beispiel strengere Kontrollen gibt, eine ganze Lobby, eine Aufsichtspflicht, Menschen, die sich dafür zuständig fühlen, ohne selbst die Sexarbeit zu verteufeln.“ Anna Aridzanjan

Sexarbeit spaltet die Feminismus-Community und regt zum Diskutieren an. Diskussionen sind gut und lassen uns ein Thema von verschiedenen Standpunkten aus betrachten und neue Aspekte kennenlernen. Allerdings ist es ein Streitthema, bei dem andere schnell beleidigend werden oder den Stempel herausholen, um die andere Person als antifeministisch abzustempeln. Es entsteht ein Streit um den besseren Feminismus und darum, was Feminismus überhaupt bedeutet, ein Wettstreit um den „Germanys next Topfeminism“ Titel. Dadurch wird alles andere unwichtig. „Ich finde es wichtig, dass man sich eher auf seine Gemeinsamkeiten konzentriert, dann würden wir mehr voran kommen im Feminismus.“, meint Martens. Auch Aridzanjan sieht die Diskussion als nicht hilfreich an. „Es gibt genauso viele verschiedene Ausprägungen, wie es auch Menschen gibt. Ich glaube, es hilft nichts, so eine Definitionsdiskussion zu führen, weil das sehr von den eigentlichen Problemen ablenkt.“

„Eine Frau ist nur so frei, wie die unfreiste von ihnen.“

Gemeinsamkeiten gibt es, und auf diese sollte man sich konzentrieren. So kommt man bei Themen, beispielweise wie man die Benachteiligung der Frau beenden könnte, nämlich, indem privilegierte Menschen weniger Privilegierten helfen, auf einen Nenner. 
Eine Anerkennung für die verschiedenen Lebenswirklichkeiten und Situationen, in denen die Menschen stecken muss her, dann kann eine wirkliche Gleichberechtigung entstehen. Ein Versuch, das zu schaffen, wäre eine Frauenqoute. „Viele Menschen sagen, sie wollen keine Quote, weil die Quote das Gegenteil der Gleichberechtigung wäre, durch eine Frauenquote wären Frauen plötzlich bevorteilt. Das ist es aber nicht, sondern es gleicht eher der Hilfestellung, dem „Höckerchen“, dass man jemandem anbietet, der kleiner ist, um die Ungleichheit abzuschaffen - so funktionieren auch Quoten. Gleichberechtigung ist nur der Anfang vom großen Vorhaben was Feminismus bedeutet.“ So Aridzanjan. 
„Das unterrepräsentierte Geschlecht wird bei gleicher Qualifikation bevorzugt eingestellt. Ich finde eine Ausgewogenheit in jedem Job wichtig und jede Firma könnte davon profitieren, eine Ausgewogenheit zu haben.“, sagt Martens über die Quote; und im Allgemeinen sei Gleichberechtigung gut, aber nicht bei den aktuellen Gesetzen, die wir haben. Als erstes müssten die Gesetze reformiert werden, um dann allen dieselben Rechte zu geben. „Unser Staat ist von Männern gemacht, unsere Gesetze sind von Männern gemacht und das ist schon immer so gewesen. Wenn meine Rechte als Frau jetzt nur angeglichen werden an diese Gesetze, dann finde ich das irgendwie nicht weit genug gedacht.“, meint Klara Martens weiter. Dass die Gleichberechtigung der Frau durch Angleichung an die Gesetze nicht erreicht ist, sieht auch Anna Anridzanjan. „Gleichberechtigung wäre, allen Menschen die gleichen Rechte zu geben. Wenn ich aber gleiche Rechte für alle mache, es aber in dieser Gesellschaft ganz unterschiedliche Menschen mit ganz unterschiedlichen Privilegien gibt, dann reichen gleiche Rechte nicht aus.“

Die Betrachtung der verschiedenen Belange und der unterschiedlichen Herangehensweisen an das Thema zeigt, dass der Feminismus bunt und vielfältig sein darf, keine der Ansichten ist besser als die andere. Doch das gemeinsame Ziel und die Gemeinsamkeiten sollte von den verschiedenen Lagern nicht ignoriert werden. Bashing und respektloses Miteinander hilft niemandem und hält Außenstehende davon ab, sich mit feministischen Themen zu befassen. FeministInnen sollten sich gegenseitig den Rücken freihalten, auch wenn sie nicht d’accord sind. Gegenspieler gibt es schon zu Genüge, da braucht man nicht noch welche in den eigenen Reihen. 

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